Jürgen Essers - Kunstfreund
Jürgen Essers - Kunstfreund

RHEINISCHE POST 

Dienstag, 14. November 2023

 

RP+ Sammler aus Mönchengladbach

Ein Leben zwischen Tausenden Kunstwerken

Rheydt · Von skurrilen Bildern über bemalte Eier bis zu Skulpturen sammelt Jürgen Essers Kunst jeglicher Art. Das Zuhause des 83-Jährigen gleicht einer verwinkelten Ausstellung. Welche Werke Essers besitzt und was sein größter Wunsch ist.

Der Mönchengladbacher Jürgen Essers liebt Kunst. Seine Wohnung ist voller Werke verschiedenster Stilrichtungen. Foto: Ja/Knappe, Joerg (jkn)

 

Von Angela Wilms-Adrians

Wie viele Kunstwerke seine private Sammlung umfasst, kann Jürgen Essers nur schätzen.

Allein 41 Kreuzweg-Darstellungen mit jeweils 14 postkartengroßen Bildern für 14 Leidensstationen lassen sich auf 574 Werke multiplizieren. Das Konvolut „Ei und Werk“ umfasst 241 bemalte Straußeneier mit jeweils einem dazu passenden Bild, macht 482 weitere Werke. Hinzu kommen das Sammlungsgebiet „Polarität“ mit Gegensätzen zwischen „Engel und Teufel“ und andere Themen.

 

Zusammengenommen könnte seine Privatsammlung insgesamt aus rund 3.000 Bildern und Objekten bestehen, sagt der ehemalige Banker.

 

Ein flüchtiger Blick in die Räume seiner 125 Quadratmeter großen Wohnung lässt unschwer erkennen:

Eine Inventur im Schnellschuss ist unmöglich.

An den Wänden herrscht Petersburger Hängung, entlang Fußleisten und Türrahmen lehnen aneinander gestellte Bilder, jede Nische wird von Figuren und Objekten bevölkert. Von großer Kunst bis zur Miniatur ist jedes Format vorhanden, das sich unterbringen lässt. Die verbleibenden Laufwege in den Zimmern sind oft wenige Zentimeter breit. Eine zweite Wohnung biete als Lager nochmals die gleiche Fläche, verrät der Hausherr.

 

Der geliebte Spitzname

Bezeichnung Jürgen Essers mag den ihm zugedachten Beinamen „Egg-Man“, den er durch die Sammlung „Ei und Werk“ bekam. Kontakt zu ihm kann per Mail an

             eggman-je@gmx.de

aufgenommen werden.

 

Ei und Werk 

Die Sammlung umfasst 482 Stücke: Jeweils ein Straußenei und ein Gemälde oder Objekt sind vom selben Künstler angefertigt.

Die Sammlung ist verkäuflich, allerdings nur komplett.

 

 

Von Essers herausgegebene Kunstkataloge zu Sammlungsgebieten und Künstlern geben Einblicke in die Vielfalt der Sammlung.

Seitlich der Haustür hängen zwei Kruzifixe, eines mit Jesusfigur und eines mit einer „Jesa“, um „Leute zu verblüffen“.

Essers betont, in seiner Leidenschaft nicht an die Sammlung der Hiltrud Neumann heranreichen zu können. Der 83-Jährige erinnert sich gerne an die energiegeladene Frau, die er kennenlernte, als sie Arbeiten für eine Kunstauktion zugunsten des Erhalts des Theaters Mönchengladbach sammelte, das später doch abgerissen wurde. Durch sie sei er eigentlich erst zum Kunstsammler geworden.

 

Essers bezeichnet sich als Mönchengladbacher, seit 1984 lebt er „mit Migrationshintergrund“ in Rheydt.

Hier fühle er sich für alles verantwortlich, was mit Kunst zu tun hat. Hier ist er Ehrenmitglied der Künstlergruppe „Der blaue Rheydter“.

Jahrelang kämpfte Essers um die Rettung von Gerhard Winds Großskulptur „Alufant“, die 2012 „sang- und klanglos von der Bildfläche verschwunden war“ und deren Pate er nun ist.

2005 präsentierte Essers in der Ausstellung „Ei und Werk“ unter anderem kunstvoll bemalte Eier im Schloss Rheydt.

Foto: Ilgner, Detlef (ilg)/Ilgner,Detlef (ilg) 

 

In der Sammlung legt er sich auf keine Richtung fest. Witzige, skurrile Bilder sind ebenso zu finden wie Arbeiten mit ernstem Ausdruck oder Bilder in Richtung Pop Art. Darunter sind regelrechte Wimmelbilder. „Auf ihnen sehe ich immer wieder etwas Neues“, so Essers. „Kunst darf alles. Es gibt keine anstößigen Bilder, nur anstößige Gedanken“, hebt der Sammler hervor.

Früher sammelte er Uhren, die er mit Aufflammen der Leidenschaft für Kunst stückweise oder auch als Konvolut verkaufte. Und doch trägt Essers auch heute noch an jedem Handgelenk einen Zeitmesser –

so wie „Der kleine Jürgen“, eine witzig pointierte Darstellung des Kunstsammlers noch als Banker, geschaffen von Michael Fischer-Art.

 

Für die Ausstellung „Ei und Werk“ hatte Essers Künstlern in Deutschland, Belgien, Frankreich und den Niederlanden Straußeneier überlassen mit dem Anliegen, diese zu bemalen. Von den meisten der Angesprochenen habe er vorher ein Bild besessen, die anderen um ein Bild passend zum bemalten Ei gebeten. Den weitesten Weg legte ein Objekt aus St. Petersburg zurück. Ein Künstler habe auf die Bitte hin sogleich mit der Arbeit begonnen, um ihn eine zweite Anreise zu ersparen, sagt Essers. Etliche Nischen und Regale sind notwendig, um allein die Fülle der so entstandenen Arbeiten zu fassen.

 

Inspirierend für das Thema „Kreuzweg des Herrn“ aus Sicht verschiedener Künstler habe auf ihn

Ingo Wegerls Bild „Komödianten auf Golgatha“ gewirkt, sagt der zweifache Vater und Großvater.

Er beauftragte Christoph Mödersheim mit einer Tonkunst zu Wegerls Werk.

 

Als weitere Leidenschaft nennt Essers die Liebe zu Büchern „jeglicher Couleur“. Von Bänden über Gladbach und Rheydt könne er „die Finger nicht lassen“. Verschmitzt gesteht Essers ein Herzensanliegen ein: „Mein allergrößter Wunsch wäre ein eigenes Museum, zumindest für meine Eiersammlung. Dafür hätte ich auch schon Plätze in Gladbach oder Rheydt im Kopf“, sagt der Sammler, der auch den Beinamen „Egg-Man“ trägt.

 

 

Jürgen Essers​ 

ist auch mit

82 Jahren

noch rastlos.

Der ehemalige

Banker ist mit

Kunstausstellungen

wie seiner Sammlung

"Ei und Werk" bekannt

geworden. 

 

 

Und er kämpfte, unter anderem, für die Rückkehr des Alufanten und den Erhalt des Rheydter Stadtkassen-Portals

 

Die Warnung ist angebracht: "Vorsicht, stolpern Sie nicht!", sagt Jürgen Essers dem Besucher, der nach einer halbwegs gangbaren Slalomstrecke durch die Wohnung sucht. Nur die Böden von Bad und Küche sind einigermaßen frei. Überall sonst warten Bilder, Plastiken, Bücher. Zeitschriften und Papiere darauf, dass vielleicht irgendwann noch mal ein Plätzchen frei wird in, an oder auf den dicht gefüllten Wänden, Schränken und Regalen, Tischen, Bänken, Sofas, Sesseln und Stühlen. Ach ja: Das Bett ist noch frei, das Schlafzimmer ansonsten passt zu den übrigen Räumen.

"Chaotisch" beschreibt der Hausherr selbst den Zustand - "aber ich finde alles". Und es gibt viel zu suchen und zu finden in seinem Heim, das ein Alptraum für jede ordentliche Hausfrau sein muss. Jürgen Essers braucht sich darüber aber keine Sorgen zu machen: Er lebt seit langem getrennt ("aber nicht im Streit und nicht wegen meiner Sammel-Leidenschaft") von seiner Frau. Die so richtig erst anfing, nachdem sie sich getrennt hatten.

Wenn Jürgen Essers etwas sieht, das ihm gefällt, dann will er es kaufen. Seine erste Sammelleidenschaft galt mechanischen Armbanduhren. Die aber mussten dran glauben, als der Abteilungsdirektor für Organisation und Zahlungsverkehr der Deutschen Bank in Leipzig 1980 zurück nach Mönchengladbach kam. Seine beruflichen Wanderjahre quer durch die Republik waren da zwar noch längst nicht vorüber. Doch nach Frankfurt und Stuttgart hatte er nun wieder seinen Wohnsitz in der alten Heimat. Und hier schleppte ihn ein Freund in eine Vernissage im Haus eines Gladbacher Arztes mit Werken des peruanischen, in Belgien lebenden Mediziners und Künstlers Antonio Máro.

"Ein Bild hat mir besonders gefallen, ich habe es gekauft", erzählt Jürgen Essers. Und das Gefallen wurde langsam zur Leidenschaft. Er besuchte die Kunstauktion der Sammlerin Hiltrud Neumann zur Aktion für den Erhalt des Gladbacher Stadttheaters, lernte hiesige Künstler kennen, kaufte das eine oder andere Werk. Er arbeitete sich durch den Wälzer "Kunst c/o Mönchengladbach" des städtischen Kulturamtes, suchte Kontakt zu den aufgeführten Künstlern - und kaufte. Er verkaufte seine stattliche Uhrensammlung, kaufte immer mehr Kunst. Seine Wohnung, 1984 von Hamern in die Rheydter City verlegt, füllte sich mit Bildern, Skulpturen, Büchern.

Eine Stilrichtung kann der Betrachter nicht ausmachen. Sie ist auch gar nicht erst gewollt. "Ich kaufe das, was mir gefällt", sagt Jürgen Essers. Aber dann kommt der Zusatz, der den Künstlern oft nicht gefällt, aber seinem Beruf geschuldet ist: "Ich kaufe nicht einfach drauflos, ich muss es mir auch leisten können. Als Banker habe ich gut verdient, doch ich muss schon haushalten." So beginnt dann das, was er auf Gladbacherisch "huddeln" nennt: das Feilschen um den Preis. Jürgen Essers "will immer einen Deal", der beide Seiten zufriedenstellt.

Es sind auch nicht die großen Namen, nach denen er kauft. Sondern bevorzugt hiesige Künstler. Kein Markus Lüpertz findet sich bei ihm, aber ein Ingo Wegerl, Robert Hejkoop oder Josef Jan Michnia, um ein paar zu nennen. Mehr als 1000 Euro gibt Essers selten für ein Objekt aus, die Mehrzahl liege sehr deutlich darunter: "Kürzlich habe ich sogar ein Bild bei ebay gekauft, für 1,99 Euro. Aber es gefällt mir halt. Der Besitzer war aus Rheydt, ich habe es selbst abgeholt und dann auf zwei Euro aufgerundet." Ein echter Deal.

Mehr als tausend Bilder und Grafiken, dazu 250 Plastiken habe er heute, sagt Jürgen Essers - was eher zurückhaltend erscheint. Doch besonders wertvolle Objekte sind wohl nicht darunter. "Bei einem Einbruch haben die Täter sich offensichtlich zwar gründlich umgesehen, aber gar nichts mitgenommen", erzählt Jürgen Essers. Ihm aber gefallen ("oder haben zumindest gefallen, als ich sie kaufte") die Stücke seiner privaten Sammlung.

Einen Teil davon hat er schon mal öffentlich gemacht in drei Ausstellungen. Die erste und aufsehenerregendste mit fast 5000 Besuchern war 2005 "Ei und Werk": Dabei wurden im Schloss Rheydt 243 ausgeblasene Straußeneier gezeigt, die Jürgen Essers von ausgesuchten Künstlern bis aus dem russischen St. Petersburg hat bemalen lassen- was ihm den Spitznamen "Eggman" einbrachte. Die zweite Ausstellung "Polarität" war 2010 im Menge-Haus an der Fliethstraße, mit einem aufwendigen Katalog "als Hommage an die Künstler", die dritte unter dem Titel "Sammelsurium" 2012 im ehemaligen Porzellanhaus Heinemann an der Hauptstraße. Dazu zeigte Jürgen Essers Sohn Frank einige Male in seiner Bad Oeynhausener Arztpraxis Stücke aus Vaters Sammlung.

Aus einem neuen Projekt ist nun noch eine Ausstellung, seine vierte, geworden: ein Kreuzweg-Zyklus mit     14 Künstlern März/April 2015 in der St.-Marien-Kirche in Rheydt.

Quelle: RP Von O. E. Schütz

 

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